Totgeglaubte besser tiefer begraben

Hallo zusammen, da sind wir wieder! Pünktlich zu Ostern wiederauferstanden, wenn auch zum Ausgleich um 7:06 (go figure), und voraussichtlich ab sofort alle 14 Tage montags mit einem neuen Artikel. Aber nagelt uns nicht darauf fest. Hat ja vorher auch nichts gebracht, und trotzdem haben wir es Ende der 80er und Anfang der 90er auf insgesamt 7 Ausgaben (siehe oben) geschafft. Ja, sogar beinahe 8, womit schon der Hauptgrund für die digitale Wiederbelebung angesprochen wäre.

Wie es dazu kam

Nun, über die Jahre sind sowohl Wolfi wie ich (Jens – und die übrigen Hähnchen sicher auch) bei diversen Umzügen immer über diese eine Kiste gestolpert, in der wir unsere Speedgickerl Erinnerungen aufbewahren – und mussten kurz überlegen: wegwerfen, ausmisten oder Entscheidung vertagen? Natürlich Letzteres. Manchmal in Begleitung eines sich kurz regenden schlechten Gewissens, weil sooo viel hätte zur Fertigstellung des 8. Heftes nicht gefehlt. Gut, das haben wir uns 1992 auch schon gesagt, und 1994 genauso wie 1993, und jetzt schreiben wir das Jahr… – aber lassen wir das. Damit ist niemandem geholfen.

Das Internet bietet uns nun die Chance das Wegwerfen und Ausmisten zum Prinzip zu erklären, und nimmt uns damit viele schmerzliche Entscheidungen ab. Ab in die Cloud damit! Gut, ne? Dort nennt man das dann Blog, und drum könnt ihr uns dabei ab heute in Echtzeit über die Schulter schauen. Ja, wir sind wirklich so langsam. Was habt ihr an 14-tägig nicht verstanden? Und nicht mal das ist versprochen, versprochen! Wir kommen eh nur an Wochenenden dazu, und wer hat dann schon noch Bock auf Anstrengung?

Die 30-jährige (and counting) Redaktionssitzung

Die Verspätung der Nummer 8 reflektierte sich schon damals in den Rezensionen, wenn man plötzlich bereits den Nachfolger des Vorgängers besprach (I am looking at you, Rage), oder bereits das nächste Interview mit den Ramones führte. Das werden wir jetzt alles nach und nach aufarbeiten, hier einstellen, und parallel dazu in ein druckbares Layout überführen. Bei entsprechendem Interesse eurerseits werden wir das dann vielleicht sogar tatsächlich auch in limitierter Auflage drucken. Allein um die Labels mit Belegexemplaren zu erschrecken, wäre uns das diese Aktion wert.

Nebenbei streuen wir dann noch die Vorgeschichte des Heftes mit ein, teilen Anekdoten und Memorabilia mit Euch, und vielleicht ist sogar die eine oder andere Verlosung* mit dabei. Bei der einen oder anderen Plattenkritik möchte ich zwar nicht unbedingt eine Gegendarstellung aus heutiger Sicht schreiben, aber meinem damaligen selbst wenigstens etwas reifere Sätze zur Seite stellen. Alter, warum hat mit keiner gesagt, dass meine Plattenbesprechungen oft schlechter waren als die Platten? Ok, Matthias hat mich schon damals auf meinen inflationären Gebrauch der Formulierung „frisch und unverbraucht“ hingewiesen, aber wieso hat Wolfi das nie beanstandet? Meine Vermutung ist, dass er dann ja jemand anderes hätte bitten müssen, die statt meiner zu schreiben – oder schlimmer: er hätte es selbst machen müssen. Ok, das klingt schlüssig.

* lest das als: zu toll zum Wegwerfen, aber trotzdem Staubfänger

Hier könnt ihr das betreffende Heft schon von hinten sehen.

Jedenfalls lösten sich damals zunehmend einige der Bands auf, deren Interviews wir noch zu übersetzen hatten. Außerdem begannen wir zu studieren, zu arbeiten und Schlimmeres… und so geriet die Fertigstellung des letzten Heftes zu einem Partygag auf einer Party, zu der wir weder eingeladen waren, noch hingegangen wären.

Aber jetzt, da immer weitere jener Bands, die sich damals aufgelöst haben wieder zusammen sind und an neuen Alben arbeiten (I am looking at you, Coroner), oder überhaupt nie damit aufgehört haben (I am looking at you, Rage) ist so ein merkwürdiges Gefühl entstanden, dass unser Heft beinahe wieder relevant macht – nicht aktuell – Dio bewahre! -, mehr so im historischen Kontext? Na ja, und so sind wir jetzt im Internet gelandet, wie alle anderen auch, haben nix dazu gelernt, und ob das achte Weltwunder, äh Speedgickerl jemals fertig wird, wäre beinahe zu schade zu beantworten. Es kommt auf die Reise an, und irgendwas will man schließlich auch den nachkommenden Generationen hinterlassen. Klimaneutral natürlich, weil sonst müssten wir ja aus dem Haus.

Gickerl-Hilfe

Die Speedgickerl-Classics von 1-7 findet ihr wie bereits erwähnt oben auf der Seite (ja, unten auch), die erst im Vollbildmodus ihren schwarzweißen Charme vollends zur Geltung bringen. Ja, die waren schon immer so, damals gab’s noch keine Farbe. Heute konsequenter Weise natürlich auch nicht.

Was dürft ihr von uns hier erwarten?

  1. Nichts.
  2. Wir reden nicht weiter über Punkt 1.
  3. Bislang unveröffentliche Artikel, Interviews, Platten- und Demokritiken sowie Konzertberichte von vor 25 und mehr Jahren. Was die Tagesschau vor 20 Jahren kann, können wir schon lange! Unterbieten. Nur nicht so regelmäßig.
  4. Wir zeigen euch wie aus den Elementen von Punkt 3 nach und nach das Heft Nummer 8 entsteht und womöglich sogar gedruckt wird, auf Recycling-Papier, wie zuvor auch. Lasst uns wissen, ob ihr daran interessiert seid.
  5. Unaufgeforderte Präsentation unserer Archive, Erinnerungen und Memorabilia von damals mit peinlichen Anekdoten.
  6. Gegenüberstellung alter Kritiken mit dem Wissen von heute (I am looking at myself and cringe).
  7. Vielleicht eine Art Podcast, wenn ich es hinbekomme die alten Mikro-Kassetten mit den Original-Interviews zu digitalisieren. Entsprechendes Kabel ist schon gelötet, und dann lachen wir gemeinsam über unsere ersten Schritte in den Journalismus. Ha, ha. Oder wollt ihr etwa, das alte weiße Männer endlos miteinander über früher quatschen? Also bitte. Wenn schon, dann sollt ihr uns dabei auch sehen können!
  8. Ganz eventuell wird es sogar die eine oder andere aktuelle Besprechung geben, ja vielleicht sogar Interviews mit Bands. Gerne auch als Video, weil man da nix mehr abtippen muss. Doch doch, das funktioniert. Dauert dann halt nur noch 10 Jahre, wie bei Abbahead. Aber dazu ein andermal oder anderswo. Meldet euch, Bands, Labels, Römer, bemustert uns, erwartet Punkt 1.
  9. Würdet Ihr sonst noch gerne was von uns sehen, lesen oder hören? Warum?? Aber wir sind für eure Vorschläge offen, und lobpreisende Kommentare selbstredend immer willkommen.

So, genug jetzt. Mehr werde ich mir heute nicht aus den Fingern saugen – aber unser Herausgeber, Chef außer Dienst und Vorzeige-Rock’n’Roller hat damals wie heute das letzte Wort:

Das Speedgickerl ist jetzt im Internet. Yippie, das freut mich! Herzlichen Dank an Jens für die Realisation dieser Homepage – und wie gehabt: natürlich alles wieder nur für Ruhm und Ehre.

Das Durchsuchen meiner Speedgickerl Archive (Schuhkartons und vergilbte Ordner), um richtig wichtige Dokumente für die Nachwelt zu sichern, war für mich auch eine Zeitreise in (m)eine Vergangenheit mit nostalgischen Momenten. Bei der Sichtung unserer Zeitdokumente schämte ich mich schon für das ein oder andere Statement von mir, jedoch überwog meist das Schmunzeln über die vorliegenden Werke.

Vielen herzlichen Dank an alle, die am Speedgickerl mitgewirkt und unser Hefterl, in welcher Form auch immer unterstützt haben. Das haben wir gut gemacht – zumindest haben wir es gemacht. Aufgrund fehlender Glaskugel, kann ich die Zukunft des Gickerls nicht vorhersehen. Bin auf den Fortgang gespannt. Wünsche Euch jetzt erstmal viel Spaß beim Durchstöbern der Speedgickerl Homepage und hoffe, dass auch bei Euch das Schmunzeln überwiegt. Bleibt der Stromgitarrenmusik verbunden.

Wolfi, April 2021

2 Antworten auf „Totgeglaubte besser tiefer begraben“

  1. Nein, wie geil.
    Genau in dem Moment, als die Mail mit dem Hinweis auf diese Seite kam, habe ich beim Ausmisten den die Widmung von Würzel/Motörhead im Original gefunden – und gedacht, das kann ich nicht wegwerfen !!! Soviel zum Schubladen-Thema.

    Und dass die Rückseite von Nummer 8 als erstes veröffentlicht wird, ehrt mich sehr – hab sie gar nicht mehr so gut gelungen in Erinnerung.

    Keep on rocking!

    1. Da wir das Pferd immer noch von hinten aufzäumen, haben wir natürlich mit deinem großartigen Bild angefangen (ist auch die einzige Seite, die schon fertig ist). Es ist sogar so groß (A3), dass es Wolfi nicht ohne falten auf seinen Scanner (A4) bringt, also hat er es abfotografiert. Dem entzerrten Foto sieht man oben aber noch die Unschärfe an. Das kriegen wir aber alles noch in gut hin, so bald ich mich von dem Pferdetritt erholt habe.

      Die Würzel-Widmung unbedingt aufbewahren! Oder schick sie mi… Wolfi. Ich hab hier auch schon eine eigene Kiste zur Verlosung, z.B. voll mit Vinyl-Scheiben, die Wolfi nach der Besprechung nicht wieder zurück haben wollte. Verlosen ist am Ende unkomplizierter als Ebay, und das einzeln verpackt zur Post zu tragen bereitet mir deutlich weniger Kopfzerbrechen, als es schulterzuckend als Altpapier zu deklarieren, wie normale Leute.

      Ich müsste hier übrigens noch irgendwo deinen handgeschriebenen(!) Extreme-Konzertbericht haben, den ich vor 30 Jahren abgetippt habe. Dazu schreibe ich noch einen eigenen Blogeintrag, weil er mir damals die Augen dafür geöffnet hat, dass man sowas auch ganz anders (und sehr viel besser) schreiben kann, wenn man sich nur traut. Dafür wollte ich dir schon seit 30 Jahren Danke sagen – also mache ich es jetzt gleich bei dieser Gelegenheit: DANKE Christian!

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